Saarbrücken. Im Winter kümmert sich Ingo Wilke im Kältebus um Menschen, die obdachlos sind oder einfach aus der Einsamkeit rauswollen. Nun hat er festgestellt, dass Menschen auch im Sommer Hilfe brauchen. Martin Rolshausen

„Was machst du da?“ Dass Ingo Wilke auf diese Frage, die ihm Kinder ab und zu stellen, eine kurze und schnell verständliche Antwort hat, liegt daran, dass das, was er macht, eine ganz einfache Sache ist. Der 64-Jährige verteilt kühles Wasser an Menschen, denen die Hitze zu schaffen macht.

Dazu richtet er an besonders warmen Tagen in der Bahnhofstraße unter den Bäumen am Brunnen einen „Water-Point“ ein. „Mit Water-Point können vor allem die Kinder nichts anfangen“, sagt er. Aber es sei schnell erklärt: „Wer Durst hat, der soll trinken.“ Und: „Wasser ist besser als das ganze gezuckerte Zeug.“

Auslöser für die Einrichtung einer Trinkstelle waren einige Notarzteinsätze, die Ingo Wilke in den ersten richtig heißen Tagen dieses Sommers am Hauptbahnhof beobachtet hat. Da mussten Menschen behandelt werden, weil sie einfach zu wenig Flüssigkeit zu sich genommen hatten. Einen Notarzt hört Ingo Wilke sagen, dass ein Glas Wasser diesen Einsatz hätte verhindern können.

Dieser Satz hat im Kopf von Ingo Wilke eine Idee keimen lassen. Wie man Menschen mit Lebensmitteln versorgt, weiß er. Er habe sich beruflich einst um Catering gekümmert. Und gerade hat er seinen zweiten Winter als ehrenamtlicher Helfer im Kältebus hinter sich. Im Kältebus werden Obdachlose und Menschen, die die Einsamkeit nicht aushalten, unter anderem mit Essen und Trinken versorgt.

Ingo Wilke hat sich beim Roten Kreuz in Brebach einen Behälter besorgt, in dem man Wasser professionell und den Hygienevorschriften entsprechend kühlen und ausschenken kann. Das städtische Ordnungsamt, sonst oft wegen seiner Unflexibilität gescholten, habe seinen „Water-Point“ innerhalb weniger Minuten genehmigt. Auch das Gesundheitsamt habe schnell die nötige Genehmigung erteilt.

An den ersten Tagen hat Ingo Wilke etwa 15 Liter pro Tag verteilt, indem er einfach auf Passanten zugegangen ist und gefragt hat, ob sie eine Erfrischung wollen. Inzwischen helfen zwei weitere Ehrenamtler des Kältebus-Teams, so dass die täglich verteilte Wasserration auf rund 35 Liter gestiegen ist.

Dieses Jahr habe er etwas improvisieren müssen, sagt Ingo Wilke. Im kommenden Jahr will er seine Wasserstelle den ganzen Sommer hindurch betreiben.

Denn: „Wasser ist billige als ein Notarzteinsatz.“ Und man komme bei der Aktion mit Menschen ins Gespräch, denen man „den Wert des Wassers nahebringen“ kann.

Quelle: SZ vom 31 Aug. 2017